Alles zur Untätigkeitsklage (mit Checkliste)

Behörden sind dazu verpflichtet, über Anträge innerhalb eines angemessenen Zeitraums zu entscheiden. Es kommt aber nicht selten vor, dass Antragsteller ein halbes Jahr und länger auf einen Bescheid warten. Gerade in für sie wichtigen Verfahren ist das eine Zumutung. Mit der Untätigkeitsklage ist es möglich, der Behörde auf die Sprünge zu helfen.

Avatar von Dr. Jasper Prigge, LL.M.
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

In diesem Beitrag lesen Sie alles, was Sie zur Untätigkeitsklage wissen müssen.

Wann kann eine Untätigkeitsklage eingereicht werden?

Eine Untätigkeitskläge setzt voraus, dass über einen Antrag oder einen Widerspruch „ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden“ ist. Geregelt ist dies in § 75 der Verwaltungsgerichtsordnung, eine vergleichbare Regelung findet sich in § 88 der Sozialgerichtsordnung.

Wenn Sie einen Rechtsanwalt beauftragen, trägt die Behörde in aller Regel die Kosten, selbst wenn sie Ihren Antrag nach erfolgreicher Untätigkeitsklage ablehnt.

Ohne zureichenden Grund bedeutet, dass die Behörde über den Antrag entscheiden könnte. Ein zureichender Grund für eine Nichtentscheidung liegt vor, wenn erforderliche Unterlagen fehlen, die Sachlage besonders komplex ist oder Dritte beteiligt werden müssen. Die Behörde kann sich aber nicht auf Verzögerungen berufen, die in ihrer Verantwortlichkeit liegen. Personalmangel, Urlaub des zuständigen Sachbearbeiters und ähnliche Gründe können sie nicht entlasten. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, dass der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus.

Angemessene Frist ist in Verwaltungsverfahren in aller Regel drei Monate. In sozialrechtlichen Verfahren sind es zunächst sechs Monate, geht es um einen Widerspruchsbescheid sind es wiederum drei Monate.

Es besteht keine Pflicht, die Behörde vorab zu einer Entscheidung aufzufordern und eine Untätigkeitsklage anzudrohen, auch wenn dies zweckdienlich sein kann.

Was muss ich beachten?

Auch bei Untätigkeitsklagen rate ich dazu, einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Dieser kann Sie auch in Bezug auf Ihren Antrag, um den es geht, beraten. In sozialgerichtlichen Verfahren kann ein Eilverfahren erfolgversprechend sein, bspw. um einen Anspruch auf Sozialleistungen vorläufig durchzusetzen. Darüber hinaus trägt in der Regel die Behörde die Kosten einer Untätigkeitsklage.

Wenn Sie selbst Untätigkeitsklage erheben wollen, achten Sie auf die allgemeinen Formalia, unter anderem müssen Sie das für Sie zuständige Gericht herausfinden und die Klage schriftlich erheben.

Welche Kosten können entstehen?

Bei den Verwaltungsgerichten richten sich die Kosten nach dem Streitwert. Wenn keine Anhaltspunkte bestehen, legen die Gerichte zumeist einen Streitwert von 5.000 € fest. Dies ergibt dann Gerichtskosten von 438 €, die sich aber – abhängig von der Entscheidung – um 2/3 reduzieren können. In anderen Verfahrensarten, beispielsweise im Sozialrecht, werden keine Gerichtsgebühren erhoben.

Die Gerichtskosten müssen Sie vorab zahlen, im Erfolgsfalle erhalten Sie eine Erstattung von der Behörde. Generell gilt, dass derjenige die Kosten zahlen muss, der das Verfahren verliert.

Checkliste

  1. Ist genug Zeit vergangen?

    Seit Antragstellung mindestens drei Monate (in sozialrechtlichen Verfahren: sechs Monate).

  2. Hätte die Behörde entscheiden können?

    Alle Unterlagen müssen vorliegen und das Verfahren darf nicht besonders komplex sein.

  3. Ist die Form eingehalten?

    Die Untätigkeitsklage muss schriftlich (= mit eigenhändiger Unterschrift) bei dem zuständigen Gericht eingereicht werden.

  4. Sind alle Angaben enthalten?

    Die Klageschrift muss enthalten: Den Kläger, Beklagten, Klagebegehren (= Untätigkeit), grundsätzlich auch einen bestimmten Antrag, Tatsachen/Beweismittel zur Begründung.

  5. Anlagen beigefügt?

    Den Antrag an die Behörde müssen Sie in Kopie zur Klageschrift hinzufügen.

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Avatar von Dr. Jasper Prigge, LL.M.
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Rechtsanwalt 


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12 Antworten

  1. Avatar von Frau M.
    Frau M.

    Gibt es denn auch Fristen, innerhalb derer die Behörde auf eine Untätigkeitsklage reagieren muss?

  2. Avatar von Claudia S.
    Claudia S.

    Sehr geehrter Herr Prigge,

    mein Name ist Claudia S., ich bin alleinerziehende Mutter einer 15 jährigen Tochter. Wir haben eine Beistandschaft beim Jugendamt, die für meine Tochter den Unterhalt vom Kindsvaters einfordern soll. Seit 9.12.2020 weiss Sie, wo er arbeitet. Hab sie per Mail informiert. Am 18.3.2021 hatten wir den letzten Mailkontakt, in dem ich beklagt habe, dass noch immer keine Ergebnisse der Berechnung der finanziellen Lage des Kindsvaters da ist. Deshalb schrieb ich am 26.3.2021 eine Mail an Ihren Chef mit der Bitte, mir eine kompetentere Mitarbeiterin zu zuteilen. Er informierte mich umgehend, dass seine Stellvertreterin sich diesbezüglich bei mir melden würde.

    Nun meine Fragen:
    Wie lange soll ich auf Antwort warten (Ich dachte, ich warte bis diesen Freitag, ab Montag suchte ich einen Anwalt ein)?
    Kann ich eine Untätigkeitsklage gegen die Mitarbeiterin einreichen, nachdemsie mich fast 4 Monate ohne Ergebnisse vertröstet hat?

    Ich würde mich sehr über eine Antwort freuen.

    Liebe Grüsse
    Claudia S.

  3. Avatar von Martin
    Martin

    Vielen Dank für die bereitgestellten Informationen.

    Mir ist allerdings folgendes aufgefallen.

    Unter Hinweise steht: „Wenn Sie einen Rechtsanwalt beauftragen, trägt die Behörde in aller Regel die Kosten, selbst wenn sie Ihren Antrag nach erfolgreicher Untätigkeitsklage ablehnt.“

    Unter der Überschrift: Welche Kosten können entstehen?
    „Die Gerichtskosten müssen Sie vorab zahlen, im Erfolgsfalle erhalten Sie eine Erstattung von der Behörde. Generell gilt, dass derjenige die Kosten zahlen muss, der das Verfahren verliert.“

    Für mich ließt es sich widersprüchlich. Oder habe ich es falsch interpretiert?

    1. Avatar von Dr. Jasper Prigge
      Dr. Jasper Prigge

      Es ist so, dass Sie mit der Ablehnung des Antrags entscheiden können, ob Sie das Verfahren fortsetzen oder ob Sie für erledigt erklären. Im Falle der Erledigung entscheidet dann das Gericht nach billigem Ermessen über die Kosten und legt diese, wenn die Voraussetzungen für eine Untätigkeitsklage vorlagen, in der Regel der Behörde auf. Verfahrenstechnisch etwas kompliziert, aber im Text ist es schon richtig.

  4. Avatar von Krcmar Miriam
    Krcmar Miriam

    Hätte die Behörde entscheiden können?
    Alle Unterlagen müssen vorliegen und das Verfahren darf nicht besonders komplex sein.

    -> das heißt, wenn die Behörde eine notwendige Absprache mit einer anderen Behörde nicht durchführt liegen nicht alle Unterlagen vor und ich kann nichts tun?

    In meinem Fall muss der Hauptwohnsitz dem Führerscheinantrag am Zweitwohnsitz zustimmen. Es sind bereits weit über 3 Monate vergangen, eine schriftliche Bestätigung des Hauptwohnsitz liegt vor, dass keine Anfrage eingegangen ist. -> somit sind die Unterlagen nicht vollständig, und ich habe keine Handhabe?

  5. Avatar von Jürgen
    Jürgen

    Sehr geehrter Herr Dr. Prigge,

    ich hatte 3/20 gegen das Bauamt wegen eines Ablehnungsbescheides einen Widerspruch erklärt. Nachdem ich bis 8/21 gewartet habe weil ich noch keinen Widerspruchsbescheid erhielt, habe ich von einer Untätigkeitsklage beim Verwaltungsgericht Gebrauch gemacht, die auch angenommen wurde. Bis vorige Woche ist kein Bescheid eingegangen und vom Gericht habe ich bis dahin nichts gehört. Jetzt auf einmal, als ich zufällig an meinem alten Wohnort war, sehe ich auf einmal eine Ladung zu einer Verhandlung in meinen Briefkasten (trotz Nachsendeauftrag). Der Termin ist aber über 4 Wochen vorbei. Meine Fragen: Kann das Gericht ohne mein Zutun einfach auf einmal eine mündliche Verhandlung ansetzen, zumal auch noch nichts vom Bauamt beschieden wurde? Muss ich ein Versäumnisurteil hinnehmen?
    Vielen Dank für Ihre Antwort.
    J. Striegler

  6. Avatar von Moustafa Hassan
    Moustafa Hassan

    Sehr geehrter Herr Dr.Prigge,

    was meunen Sie mit „das Verfahren darf nicht besonders komplex sein“
    was ist eine Komplex Verfahren ? Wie kann man das von Normalen Verfahren unterscheiden ?
    Ich freue mich auf Ihre Antwort .

  7. Avatar von Martin P.
    Martin P.

    Gibt es Rechtsmittel gegen eine grob fehlerhafte Kostenenscheidung aus erledigter Untätigkeitsklage?

  8. Avatar von Sabine K.
    Sabine K.

    Guten Tag, ich habe im Februar 2021 bei der UKBB einen Antrag auf Anerkennung einer Berufskrankheit gestellt. Auf meine Sachstandsanfrage im Herbst 2021 wurde mir gesagt , das man eine Arbeitsplatzanalyse durchführen wird. Bescheid darüber bekam ich nicht. Im Juni 2022 wurde ich zur Begutachtung zu einem Arzt nach Berlin geschickt. Bis heute habe ich keinerlei Bescheid bekommen. Wie lange muß ich denn noch warten, ist die Behörde denn nicht verpflichtet nach so langer Zeit zu reagieren?
    Vielen Dank für Ihre Bemühungen.

  9. Avatar von S:R. Eck
    S:R. Eck

    Der Antrag auf Einbürgerung wurde persönlich bei der Behörde abgegeben, eine Kopie liegt nicht vor. . Aus dem Schriftverkehr mit der Behörde geht aber hervor, dass der Antrag eingegangen ist. Kann die Klage auch ohne Abschrift des Einbürgerungsantrages eingereicht werden. ?

  10. Avatar von Lorenc Hasa
    Lorenc Hasa

    guten Abend

    ich wollte fragen wir lange dauert bist zum entscheidung bei OVG NRW Münster es geht um einburgerung recht ich habe bei verwaltungsgericht Dusseldorf Gewonen aber die die auslanderbehörde hat berufung eingelekt

    lg

  11. Avatar von Marieluisemaasen
    Marieluisemaasen

    Es handelt sich um ein Sprachvisum der Antrag wurde am 9.8.23 eingereicht.Wir haben zwei mal angefragt wann ein Termin möglich ist. Keine Aussagekräftige Antwort erhalten. Alle Unterlagen liegen vor, müssen im Termin in Rabat abgegeben werden. Anmeldung der Sprachschule auch denn sonst erhält man keine Verpflichtungserklärung. Krankenversicherung liegt auch vor. Was ist zu tun?

    Mit freundlichen Grüße
    ML Maassen